Mit zunehmender Digitalisierung entwickelt sich die Bildungsbranche vom Offline- zum Online-Geschäft. Webinare, digitale Video-Portale für moderne Unterrichtsgestaltung, programmiertes Whiteboard und zahlreiche Apps für Lehrer und Schüler stehen häufig kostenlos zur Verfügung. Zudem verfügen 90 Prozent der deutschen Haushalte über einen festen Internetzugang. Renommierte virtuelle Schulen haben die sich aus dem Gesellschafts- und Technikwandel ergebenden Vorteile längst erkannt. Wird Remote Unterricht die Schulstunden vor Ort endgültig verdrängen?
Das Bildungsangebot von Fernschulen und Lern-Benefits
Die auch als Fernschulen bezeichneten Online-Bildungsanbieter offerieren unter Anwendung neuester Kenntnisse aus dem Bereich der Lernpsychologie unzählige Lehrgänge für den Berufserfolg. Die Zielgruppen sind neben Berufstätigen und Arbeitssuchenden zunehmend auch Kinder und Jugendliche. Und das Geschäft floriert. Tausende Teilnehmer lernen hier neben dem Beruf. Renommierte Anbieter erwirtschaften dadurch gigantische Umsätze. Grund dafür sind folgende Vorteile:
- Remote-Unterricht von überall aus möglich
- Kombination aus Offline- und Online-Medien für den größtmöglichen Lernerfolg
- Flexible Zeiteinteilung beim Lernen
- Gut aufbereitete und lernfreundliche Studienmaterialien
- Integrierte Plattform für den Austausch von Teilnehmern
- Kostentransparenz und schneller Kontakt zum Support
- Monatliche Studiengebühren statt Einmalzahlung für höchsten Komfort
Trotz dieser Vorteile sehen sich Fernschulen mit den Herausforderungen des Marktes konfrontiert. Während sie zu Beginn ihrer Entstehung ihrer Zeit voraus waren, haben sie sich seither kaum gewandelt. Die Studienmaterial-Anpassung erfolgt zu langsam. Die Betreuung der Teilnehmer ist nahezu anonym und nicht individuell. Weiterhin favorisieren namhafte Schulen noch immer die klassischen gedruckten Lernmittel. Die Integration von audiovisuellen Elementen ist bislang nicht in vollem Umfang umgesetzt worden. Viele Anbieter sind nicht auf den Zug der Digitalisierung aufgesprungen und sehen dies vermutlich schon jetzt in Form von Zahlen.
Schwachstellen beim Lernen im Home Office
Fernschulen machen Träume wahr. Sie stehen für alternative Berufe und ermöglichen es jedem sein Ziel mittels Bildung zu erreichen. Neben Berufen aus der IT, dem wirtschaftlichen Bereich und der kreativen Branche können Erwachsene mittlerweile ihren Schulabschluss bis zum Abitur nachholen oder sogar ein Studium aufnehmen. Staatlich anerkannte Abschlüsse sind somit aus der Ferne erreichbar. Mit diesem Angebot schuf sich die Fernschule einen Alleinstellungswert. Sollten somit nicht alle Teilnehmer zufrieden sein und ihre Zeit gerne in ihr Fernstudium investieren?
Leider ist die Resonanz der Teilnehmer eher negativ. Die Absprungquote liegt im oberen Bereich. Einige sprechen, in Abhängigkeit vom Lehrgang, von einer Quote von 90 Prozent. Zeitintensive Lehrgänge wie das Abitur lassen sich demzufolge nicht einfach ohne Anleitung und digitale Lerngruppen realisieren. Vielen fehlt es an Zeit, Motivation oder auch Geld. Andere konnten den Aufwand vorab nicht einschätzen. Bei Gesamtkosten in Höhe von mehreren tausend Euro ist der Frust bei Nicht-Bestehen hoch. Auch die Rezensionen erfolgreicher Absolventen zeigen Unzufriedenheit.
Die Konkurrenz schläft nicht
Abgesehen von reinen Fernschulen sprießen andere Online-Akademien wie Pilze aus dem Boden. Mit dem erweiterten Angebot von Fernuniversitäten wie der Fernuniversität Hagen lassen sich hochrangige Studiengänge wie Jura oder Psychologie studieren. Ebenso beliebt ist das Studienangebot der sich in Großbritannien befindenden Open University. Im Unterschied zur Fernuni Hagen nimmt die auch angesehene Open University sogar Studenten ohne Abitur und Ausbildung auf.
Allein diese Veränderungen zeigen einen Wandel auf. Institute kommen immer mehr von der Verklärung des Zertifikats und Zeugnisses zum Garanten für IQ und Wissen ab. Jeder darf und soll selbstbestimmt leben dürfen, unabhängig von Herkunft und Vermögen. Daneben öffnen MOOC-Anbieter ihre Pforten für innovative Lernmethoden. Mit IVERSITY, Coursera und weiteren Unternehmen wird das Lernen fortan audiovisuell. Fernschulen hinken mit ihren überwiegend gedruckten Materialien hinterher. Wollen sie sich weiter am Markt halten, benötigen sie neben adäquatem Online Marketing mehr Mut und Aufgeschlossenheit gegenüber aktuellen Lernmethoden.
Ortsgebundene Schulen: Sind sie bald Geschichte?
Beim Lesen der vorherigen Zeilen kommt unweigerlich die Frage nach der Zukunft von Schulen vor Ort auf. Sie sind der digitalen Entwicklung unterlegen. Häufig fehlt es ihnen an Strukturen, Personal und Geld, um in das neue Zeitalter zu gelangen. Allerdings ist ihr vermeintlicher Nachteil gleichsam als Vorteil zu verstehen. Die soziale Komponente des Lernens kommt bei Online Schulen und ursprünglichen Fernschulen eindeutig zu kurz. User nutzen die Plattformen kaum für gemeinsames Lernen. Hier geht es mehr um organisatorische Fragen.
Mit den Lerninhalten sind Teilnehmer vorwiegend allein. Zwar stehen Tutoren für Fragen bereit, doch Schüler und Lehrer kennen sich nicht persönlich. Lehrkräfte können also nicht auf das individuelle Vorwissen eingehen und optimal helfen. Zudem entsteht in der Schule vor Ort ein Gemeinschaftsgefühl. Dieses kommt der Motivation der Lernenden zu. Der tägliche Gang in die Schule, der direkte Kontakt zu Lehrern und Mitschülern und einzigartige Momente in der Gruppe kann keine Fernschule ersetzen.
Fazit zu Fernschulen
Fernschulen haben zahlreiche Pluspunkte. Sie richten ihr Angebot auf jegliche Interessen aus. Jeder kann teilnehmen und sich von zu Hause aus weiterbilden. Allerdings fühlen sich viele Teilnehmer allein, lernen nicht regelmäßig und sehnen sich nach der Unterstützung des Lehrers. Schulen vor Ort gleichen die Nachteile der Fernschulen aus. Damit lokale Institute erhalten bleiben, müssen sie mehr in die digitale Entwicklung investieren und Schule lebendig gestalten.