Das türkische Schulsystem bietet viel Raum für Verbesserungen. Vorhaben dieser Art wurde besonders in den letzten Jahren unternommen. Diese werden im folgenden Artikel nach einer Vorstellung des Bildungssystems erläutert.
In der Türkei besteht eine achtjährige Schulpflicht, diese beginnt mit der Grundschule, welche 5 Jahre dauert. Trotz 8 Jahren Schulpflicht gibt es in der Türkei auch Kinder, die lediglich die Grundschule abschließen oder gar keine Schule besuchen. Dies kommt insbesondere in den Regionen mit schlechter Infrastruktur und hoher Armutsquote, also dem (Süd-)Osten des Landes vor. Im Regelfall folgen auf die Grundschulzeit allerdings 3 Jahre Mittelschule. Dieser Pflichtteil ist für alle Kinder kostenlos, allerdings müssen die Eltern für Lehrmaterialien und Schuluniformen aufkommen.
Bei erfolgreichem Abschluss der 8. Klasse erhalten die Schüler[1] ein Diplom, mit dem sie sich auf einen Platz an einer weiterführenden Schule bewerben können. Alternativ kann auch eine Berufsausbildung begonnen werden. Diese dauert 3 bis 5 Jahre und findet vor allem in handwerklichen Berufen statt. Da der Bedarf an Handwerkern in der Türkei sehr groß ist und die Chancen, einen sicheren Job zu bekommen, dementsprechend hoch sind, entscheiden sich nicht wenige Jugendliche für eine Ausbildung anstelle des Besuchs einer weiterführenden Schule. Nach der Ausbildung erhält man den Titel Kalfa, der es Menschen in Kombination mit ein paar weiteren Jahren Praxiserfahrung ermöglicht, eine eigene Werkstatt zu eröffnen.
Für die Jugendlichen, die sich entscheiden, weiter zur Schule zu gehen, besteht die Wahl zwischen dem Besuch eines allgemein- oder berufsbildenden Gymnasiums. Hier findet eine Aufnahmeprüfung statt, deren Bestehen dazu führt, dass kostenlos am Unterricht teilgenommen werden kann. Wer die Prüfung nicht besteht und trotzdem weiter zur Schule gehen möchte, hat die Möglichkeit, auf eine Privatschule zu gehen, die dann allerdings Geld kostet. Ein Abschluss an einer dieser genannten Schulen ist die erste Voraussetzung zum Studium an einer Universität. Die zweite ist das erfolgreiche Absolvieren einer Zulassungsprüfung. Allgemein ist die Vorbereitung auf diese Prüfung an den Privatschulen besser, was es Menschen aus ärmeren Verhältnissen oft erschwert, eine gute, umfangreiche Schulbildung zu erhalten.
Eine Besonderheit ist der Religionsunterricht in der Türkei. Da es sich hier um einen säkularen Staat handelt, die Religion den Menschen also nicht vorgegeben werden darf, wurde der Besuch des Religionsunterrichts den Schülern über viele Jahre freigestellt. Seit dem Militärputsch von 1980 ist er jedoch wieder ein fester Bestandteil des Stundenplans eines jeden türkischen Schülers. Problematisch ist allerdings, dass nur der sunnitische Islam unterrichtet wird und die Schulbücher selten neutral formuliert sind. So werden beispielswiese Minderheiten diskriminiert und Andersgläubige bewusst falsch dargestellt oder ganz ausgeschlossen. So sind in der Türkei Staat und Religion zwar offiziell getrennt, gerade durch den Religionsunterricht gelingt es der Regierung, die Meinungsbildung der Menschen gezielt zu beeinflussen.
Während sich an diesem Problem über viele Jahre nichts geändert hat, versucht die türkische Regierung stattdessen, anderen Verbesserungen vorzunehmen. So will man beispielsweise eine duale Schulbildung auf dem Gymnasium anbieten, wobei die Schule weiter besucht und gleichzeitig eine Ausbildung absolviert werden kann. Dadurch würde sich auch die Ausbildung aller Jugendlichen einheitlicher gestalten. Da es aber gerade bei kleineren Betrieben Probleme gibt, sich an das System anzupassen, konnte dieses Projekt bisher nicht verwirklicht werden.
[1] Anmerkung: Im folgenden Artikel wird zur einfacheren Lesbarkeit lediglich das männliche Geschlecht verwendet. Dieses gilt in diesem Fall stellvertretend für sämtliche existierende Geschlechter, sodass niemand ausgeschlossen wird.