Ähnlich wie auch in anderen ostasiatischen Ländern ist das Lernklima in Japan definitiv nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen. Die Leistungsanforderungen extrem hoch, sodass auf den japanischen Schülern[1] ein enormer Druck lastet. Der Unterricht beginnt bereits im Kindergarten, dessen Besuch zwar keine Pflicht ist, aber von mehr als 90% der Eltern in Anspruch genommen wird. Hier lernen die Kinder unter anderem die japanischen Schriftsysteme. Diese Fähigkeit erleichtert den Kindern den Eintritt in die Grundschule. Wer an eine der “guten Schulen” möchte, muss eine Aufnahmeprüfung absolvieren, die aus Gesprächen mit Lehrern, Tests, sportlichen und kreativen Übungen besteht. Der Besuch einer guten Schule ist für den späteren Karriereweg von großer Wichtigkeit. Daher ist ein Japan keine Seltenheit, dass fünfjährige Kinder schon lesen und schreiben können. Dies gilt als Mindestanforderung, um die Eignung für eine gute Grundschule nachzuweisen. Generell beginnen japanische Kinder sehr früh mit dem Erlernen besonderer Fähigkeiten. Es ist beispielsweise keine Seltenheit, wenn ein zweijähriges Kind beginnt, ein Instrument zu erlernen oder eine Zeitschrift zu lesen. Meist sind hier die Eltern, speziell die Mütter, die treibende Kraft, die ihren Kindern ein möglichst frühes und vielseitiges Bildungsangebot bieten möchten.
In der Grundschule gehen bis zu 40 Kinder in eine Klasse. In der Regel werden Schuluniformen getragen. Leidglich auf den Privatschulen wird manchmal auf diese verzichtet. Die meisten Schüler besuchen jedoch öffentliche Schulen, weshalb man überall in Japan Kinder in Uniformen sehen kann. An den Grundschulen wird neben den auch in Deutschland üblichen Fächern das Schreiben und Lesen der Kanji, den traditionalen japanischen Schriftzeichen, welche ursprünglich aus dem Chinesischen stammen. Außerdem lernen die Kinder vielerorts schon in der Grundschule Englisch und den Umgang mit Computern.
Auf die Grundschule folgen drei Jahre Mittelschule. Danach endet die Schulpflicht. Allerdings entscheiden sich fast alle Schüler dazu, drei weitere Jahre die Oberschule zu besuchen. Hierfür muss eine Aufnahmeprüfung abgelegt werden. Gleiches gilt für den Zugang zum Studium an einer renommierten Hochschule. Etwa 50 der japanischen Jugendlichen entscheiden sich nach der Schule für ein Studium.
Zusätzlich zum normalen Schulunterricht lernen die meisten japanischen Schüler weiterhin in Jukus. Dabei handelt es sich um Nachhilfeinstitute, in denen die Unterrichtsstoffe vertieft werden. Ähnlich wie in Südkorea werden die Kinder und Jugendlichen dort zu Höchstleistungen animiert, die für eine erfolgreiche Karriere als unabdingbar angesehen werden. Der Besuch dieser Einrichtungen kostet allerdings viel Geld, weshalb nicht jede Familie ihre Kinder in ein Juku schicken kann. Für die meisten Kinder gehört das Juku jedoch zum festen Alltag. Dieser kann bis 22 Uhr dauern. Durch das ständige Lernen fehlt es vielen Japanern an Freizeit. Dies ändert sich auch im Berufsleben nicht. Erwachsene Japaner arbeiten nämlich durchschnittlich 15 Stunden pro Tag. Der ständige Leistungsdruck lastet schwer auf den japanischen Kindern, aber auch viele Erwachsene werden durch die hohen Anforderungen krank. Damit ist Japan ein weiteres Beispiel dafür, das Perfektionismus nicht immer erstrebenswert sein muss.
[1] Anmerkung: In diesem Artikel wird zur einfacheren Lesbarkeit lediglich das männliche Geschlecht verwendet. Dieses steht in diesem Fall stellvertretend für sämtliche existierende Geschlechter, sodass niemand ausgeschlossen wird. Wenn nicht explizit erwähnt, sind keine konkreten Personen gemeint.